HONDURAS & NICARAGUA – off the beaten track! 

¡Hola Amigos! 

Seid ihr gut ins neue Jahr gekommen?  Welchen Vorsätzen habt ihr euch gestellt? Haltet ihr sie noch ein? Ralf, Kimme und ich sind uns einig…Keine Vorsätze! Wieso auch?! Mehr als zufrieden kann man nicht sein. Und dafür benötigen wir aktuell nicht viel: Ein Bike, schöne Landschaft,  ein Ziel vor Augen und 4x am Tag essen. Naja…In meinem Fall…Um ganz ehrlich zu sein… noch meine Franzi an meiner Seite! Dann wäre alles perfekt! 
Seitdem wir El Salvador verlassen haben,  ist wieder einiges geschehen.  Wir haben Honduras durchquert und die Hälfte von Nicaragua. Die Strecken sind abenteuerlicher geworden.  Die Höhenmeter lassen keinen Zweifel an der Intensität der Strecke aufkommen. Der Durchschnitt liegt aktuell bei etwa 2000 hm auf 100 km…und das bei SchotterStraßen, Flußdurchquerungen,  steilen Anstiegen und holprigen Abfahrten. Das Material,  die mentale Stärke und die Freundschaft werden auf die Probe gestellt. Nur das Material hat Schwäche gezeigt! Doch dazu später mehr…

El Salvador verlassen wir nach Norden.Wir machen einen kleinen Abstecher zurück nach Guatemala und überqueren schließlich die Grenze nach Honduras in El Florido. DAS touristische Highlight des Landes liegt direkt hinterher Grenze: Die Maya Ruinen von Copan. Erst recht spät am Nachmittag erreichen wir den kleinen Ort Copan Ruinas nahe der historischen Ausgrabungen.  Wir stressen uns nicht und verbringen den Rest des Tages im netten Örtchen.  Der in Zentralamerika stets präsente Kolonialstil der historischen Ortszentren hat Charme. Die bunten Fassaden,  alte Holztore,  rostige Schlösser davor und auch die eigentlich ungewollten Grünpflanzen im halb zerfallenen Dach geben dem gesamten Ensemble das gewisse Etwas.  Die gepflasterten Straßen scheinen noch von den Mayas selbst zu stammen. Es rumpelt und rüttelt beim drüber fahren, wie auf Dresdens Prachtstrassen nach der Wende. Der Ruhestörung wird mit lauter Musik und gelegentlichen Hupen entgegen gewirkt. Auch Feuerwerk und laut krächzende Hähne sind super um bisl von der langweiligen Stille abzulenken, die eventuell eintreten könnte. In Zentralamerika ist jedenfalls immer was los.

Am folgenden Morgen stellt sich heraus,  dass unsere Entscheidung genau richtig war. Trotz der Tatsache,  dass wir als Kulturbanausen die historisch bedeutenden Anlagen nur oberflächlich erkunden,  benötigen wir heute ganze drei Stunden.  Das hätten wir am Vortag nicht mehr geschafft. Die Ruinen sind zum Teil noch vom Urwald überwuchert,  zum anderen Teil aufwendig frei gelegt worden. Es fühlt sich an wie bei Indiana Jones. Als Frühaufsteher können wir die Pyramiden,  Ballspielplätze,  Tempel,  Wohnhäuser u.s.w. relativ ungestört von anderen Besuchern erkunden. Ich glaube die Bilder sagen mehr als Worte aus…

Am Nachmittag wird nicht gefaulenzt. Nur wenige Kilometer nach den Ruinen verlassen wir die Hauptstraße und zweigen wie üblich recht bald auf eine Schotterstraße ab. Karla, die lokale rasende Reporterin mit ihrem Kameramann passt uns noch kurz vorher ab und möchte ein Interview machen. Mit dem Moped ziehen sie an uns vorbei und schneiden uns den Weg ab. Ralf als Fremdsprachenbegabtester und Mitteilungsbedürftigster übernimmt die gruppeninterne Pressestelle. Er macht einen super Job! Kurz darauf finden wir uns in einem unglaublich steilen Anstieg wieder. Kaffee Plantagen säumen den Weg. Die Region wirkt sehr arm. Wir sehen Kinder in den Feldern arbeiten und mit Beginn der Dämmerung treffen wir mehr und mehr Pick-ups die sicherlich 20…30 Personen auf den Ladeflächen in die naheliegenden Siedlungen zu ihren ärmlichen Häusern und Höfen bringen.  Und doch wirkt alles friedlich und harmonisch. Das Bergland leuchtet tiefgrün im flachen gelborangen Lichtschein. Wir sind sehr spät dran, um einen Zeltplatz zu finden.  An einem relativ wohlhabend wirkenden Hof mit Trockenplatz und Kaffeemühle füllen wir unsere Wasservorräte auf. Marco, scheinbar das Familienoberhaupt, bietet uns Kaffee an. Sogar ein Stück Kuchen gibt es dazu! Solche Gesten sind sind auf unserer Reise oft Highlights eines Tages. Die Menschen sind sind trotz oder gerade wegen ihres einfachen Lebens unheimlich herzlich. Der Kaffee ist hervorragend.  Er schmeckt fast etwas cremig und hat eine leichte Schokoladennote.  Marco meint hinter der nächsten kurzen Steigung geht es nur abwärts und dort finden wir auch einen gutes Camp…nach gefühlt 5 weiteren Anstiegen und keiner unbesiedelten Fläche rückt die  Dunkelheit näher.  Wir fragen eine Familie,  ob wir in ihrem Grundstück die Zelte aufbauen können. Juan bietet uns sogar an in seiner ärmlichen Hütte zu übernachten. Wir willigen ein. Und fühlen uns kurz darauf sehr betroffen! Gern wären wir weitergefahren. Doch es ist schon dunkel. Juan lebt mit einer Frau und vier Kindern in einer kleinen Hütte.  Sie besteht aus 3 Räumen.  Der erste ist die Küche. Ein selbst geformter LehmOfen steht in  einer Ecke und wird mit ein paar dürren Ästen befeuert. Daneben steht eine einfache gemauerte Spüle.  Wasseranschluss gibt es jedoch nicht.  Strom ebenfalls nicht. Im schwachen schummrigen Licht einer mit Petroleum gefüllten Flasche, die über einen Stofffetzen zum Leuchten gebracht wird, erkannt man gerade noch so den Rest der Einrichtung. Auf drei morschen Regalböden stehen alle Habseligkeiten der Familie.  Ein paar Schüsseln,  Teller, ein Sack Maismehl für die Tortillas. Wir kochen für die ganze Familie. Allein das Verwenden unserer Headlights verursacht schon ein unangenehm merkwürdiges Gefühl von immensen Reichtum. Die selbstlose Art uns trotzdem einen Platz zum Übernachten anzubieten, überwältigt uns (auch wenn wir die vertrockneten Bananenschalen und paar Kakerlaken still ignorieren). Der mittlere Raum steht uns zur Verfügung.  Er ist fast leer und dient normalerweise als Schlafraum für den ältesten Sohn und die Hühner. Heute schlafen alle im dritten Raum.  Dort stehen zwei Betten….wenn man die Pritschen überhaupt so bezeichnen kann.  Die vier Jungs schlafen in einem Bett,  Mama und Papa im anderen. Auf dem Boden schlafen nachts die Hühner. Im Morgengrauen brechen wir auf. Den Wecker brauchten wir nicht. Der Hahn eröffnet den Tag mit lautem Kikeriki und nur Sekunden später schießen an unseren Köpfen Küken und Hennen vorbei ins Freie. Juan entzündet den Ofen.  Wir packen rasch zusammen, bedanken uns und verabschieden uns. Gefrühstückt wird heute erst unterwegs. Obwohl wir täglich die materielle Armut der Menschen hier gesehen haben, ist uns die letzte Nacht doch sehr nahe gegangen. Wir sehen die Lebensumstände noch deutlicher und kritischer.  Ein Gefühl von Machtlosigkeit paart sich mit Wut über die Ausbeutung der Leute durch profitgierige Konzerne und einem schechten Gewissen diese sogar zu unterstützen, indem man zum Beispiel billigen Kaffee trinkt. Ein Hupen reißt mich aus dem Gedanken.  Ein Jeep mit etwa 25 Arbeitern auf der Ladefläche will vorbei, während ich im Zickzack den Berg hoch kurbel. Lachend und Scherzend schauen die Kinder mit freundlichen interessieren Augen zu mir herunter. Mit den Körben und Macheten sind sie sicher nicht auf dem Weg zur Schule.


Honduras ist grün.  Richtig grün!  Bis zum Lago Yojoa bleibt es abenteuerlich, die Anstiege steil und die Landschaft spannend. Am See legen wir einen Pausentag ein. Bobby, ein Amerikaner der im Rahmen einer Friedensmission in Honduras hängen geblieben ist, hat sich nahe Pena Blanca ein kleines Business aufgebaut. Neben Lodges und Campingplätzen bietet er auch selbstgebrautes Bier aus der eigenen Micro-Brewery an. Die Anlage ist super! Eine tropische Oase mit Zitrusbäumen,  Palmen, Bananenstauden und allerlei anderen Gewächsen. Zahllose Kolibris schwirren in den Bäumen umher. Man könnte den dunkelblau-petrol farbigen,  leuchtend grünen und rot schimmernden Flugkünstlern stundenlang zuschauen. Das Bier aus D&D’s Brewery ist übrigens auch nicht schlecht; ) 

Den Pausentag nutzen wir zum…was meint ihr?!…Natürlich in erster Linie Essen! Doch die Gegend ist zu schön um nur im Camp abzuhängen. Nur wenige hundert Meter entfernt liegt ein Kanal der zum sonst recht dicht zugewachsenen See führt. Die Kajaks sind ordentlich und wir paddeln für ein paar Stunden hinaus auf den Lago Yojoa.  Dichtes Schilf säumt den Kanal. Danach öffnet sich die Wasserfläche. Im Hintergrund bis über 2700 m hohe Berge. Der dichte Dschungel reicht bis ans Wasser. Lianen und Schlingpflanzen hängen von den Bäumen. Echsen klettern in Ufernähe auf den aufgewärmt Vulkangestein herum. Um den See sollen etwa 400 Vogelarten leben. Die schneeweißen Reiher sind die auffälligsten. 


Schon die letzten Tage hat sich mehr und mehr abgezeichnet, dass ich wohl  ein kleineres stetig wachsendes technisches Problem bekommen werde. Die Lager am hinteren Laufrad sind hin. Anfangs meine ich, dass wird schon noch gehen bis nach Panama. Die Meinung ändere ich schnell, als das Hinterrad beginnt bei jeder Trittbewegung hin und her zu kippen und schließlich so viel Spiel bekommt,  dass der Freilauf nicht mehr funktioniert. In jeder Abfahrt muss ich nun mittreten,  um weitere Defekte zu vermeiden. Anstrengend am ersten Tag. Nervig dazu am zweiten. Am dritten macht das Fahrrad fahren keinen wirklichen Spaß mehr. An diesem Tag sind wir schon auf dem Weg nach Tegucigalpa der Hauptstadt und einzige Möglichkeit eine Fahrradwerkstatt zu finden,  die die richtigen Lager hat. Unterwegs machen wir noch die Bekanntschaft mit Alfredo, seiner Frau Reynata und Tochter Daisy. Eigentlich wollten wir nur kurz Wasser auffüllen und eine Papaya kaufen. Wir kommen kurz ins Gespräch und schon werden wir eingeladen im weitläufigen Gelände zu campen.  Unter dem MaracujaBaum liegen zahllose Früchte.  Wir dürfen alle haben.  Auch Bananen und andere Früchte.  Alfredo hat 21 Jahre in California gelebt und später in der Hauptstadt.  Dort wurde es ihm und seiner Familie zu unruhig aufrund der Situation mit den kriminellen Gangs. Nun verbringen sie seit 2Jahren die meiste Zeit auf der Farm und bauen Obst an und züchten Fische. Die kleine Bar zur Straße bietet ein kleines Zubrot…und uns schonwieder ein Bier. Für die Feier des Tages gönnen wir uns das und irgendwie müssen wir uns ja erkenntlich zeigen. Wir hatten nicht mehr mit solch einer Situation gerechnet. Im letzten Ort konnten wir außer Pasta und Ketchup nichts finden. Sonntag halt! Über die Pasta hatten sich schon ausgehungerte Kornkäfer hergemacht. Als überzeugte Vegetarier ne arge Sysiphusarbeit, um die ganzen kleinen Viecher  aus dem Essen rauszuklauben. 

In Tegucigalpa peilen wir sofort eine vorher im Internet ermittelte Werkstatt an und haben Glück!  In dem Moment als wir ankommen, beginnt ein Regenguss.  Ein schöner Regenbogen bildet sich über der sonst weniger schon wirkenden Stadt.  Der Laden ist geschlossen.  Doch Samstag abend treffen sich hier einige BikeVerrückte. Zwei Biker stehen bereits vor der Türe und warten.  Es werden die Sonntagsausfahrten besprochen und gemeinsam an den Rädern gebastelt. Wir warten kurz bis der Bike Shop öffnet.  Der Chef-Mechaniker wird von seinen Freunden Bruja genannt. Das heißt Hexe. Er hat Zauberkräfte oder zumindest hat er Improvisationstalent! Bis er kommt, lässt mich der Ladeninhaber schonmal das Laufrad zerlegen und die Lager demontieren. Aus einer Schachtel zaubert Bruja schließlich ein Satz gebrauchter aber gänger Industrielager. Die weitere Reise ist gerettet!  



Am folgenden Tag sind wir bereits wieder on the road…bzw. dirt road. In Los Manos überqueren wir die Grenze nach Nicaragua. Die Strecke führt auf abenteuerlichen Routen durch das Bergland,  nach wie vor prägen Kaffeeplantagen die Landwirtschaft. Die SchotterStraßen werden schmaler und steiler. Auf der Karte von Reise Know How sind Straßen verzeichnet, die nicht existieren. Leider erwischen wir diesmal eine die tatsächlich keine Alternative zulässt.  Wir müssen etwa 3 h zurück, Überqueren eine Hängebrücke, schieben durchs Flussbett, hieven die Bikes über Stacheldrahtzäune und stellen fest, dass wir wieder falsch sind. Okay…dritter Versuch…wenige Kilometer weiter durchqueren wir schließlich den Fluß durch eine Furt und sind endlich wieder auf der richtigen Route. Noch zwei Tage und wir sind in Granada am Lago de Nicaragua.  Wir freuen uns auf den Pausentag. Die letzten acht Tage im Sattel haben es in sich gehabt. Wir lassen trotzdem keine Gelegenheit aus von den befestigten Strecke abzuzweigen und statt schön asphaltierter Straßen die gröbsten Waschbrettpisten zu nutzen. Manchmal fragt man sich schon warum… doch nach nur wenigen Kilometern auf einer Hauptstraße mit lauten Autos, Abgasen, wenig Ausblick und Stress sind wir uns jedesmal schnell wieder einig diese zu verlassen. Bis Panama wird sich daran nicht viel ändern. 


25 Tage bleiben Kimme und mir noch. Ralf werden wir an den San Blas Islands aussetzen. Entweder schwimmt er mit dem Bike im Schlepptau, nimmt ein Kanu oder setzt mit einer Yacht über…jedenfalls werden sich dort unsere Wege trennen. Leider kann ich bei diesem Abenteuer nicht mehr dabei sein (hin und her gerissen zwischen Sehnsucht nach meiner Franzi,  Schnee und Bergen und dem Neid ihm dieses Abenteuer allein zu überlassen). Die Zeit wird zu eng….Franzi sagte mir zum Abschied die gefährlichen Dinge soll ich nur mit ihr machen.  Also bleibt der Plan irgendwann das Darjen Gap zwischen Panama und Kolumbien, wo es noch keine durchgehende Landverbindung gibt, mit dem Pakraft zu überqueren oder einem Tretboot… um den Stil zu wahren 😉

Ich wünsche euch eine gute Zeit! Allen denen die noch an ihren Vorsätzen für das neue Jahr festhalten und sie noch nicht gebrochen haben…Bleibt taper! Bis die Tage…Hasta luego und Kette Rechts! 

Wer die Geschichten nicht glaubt oder einmal DIE Perspektive meines Freundes Ralf aka. Bademeister Rolf lesen möchte,  denen kann ich nur empfehlen dies zu tun. UNBEDINGT! Sehr schön geschrieben! Hier der Link: http://ralfdiersch1.wixsite.com/bademeisterontour/

Viel Spaß beim Lesen und Bilder schauen! 

 Euer Holger. 


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